Treffen in Lunéville, Frankreich am 13. und 14. April 2023               

Treffen in Lunéville, Frankreich am 13. und 14. April 2023

Neuer TLothringer aus dem Banat - auf den Spuren unserer Vorfahren


Endlich war es soweit! Nach einer längeren Vorbereitungs- und durch Corona bedingten Wartezeit trafen sich die Nachkommen der 1770 ausgewanderten lothringer Siedler am 13. – 14. April 2023 in Lunéville. Mehr als 150 Interessenten aus Frankreich, Deutschland, Österreich, Schweiz, USA und Kanada folgten der Einladung von Daniel Hilaire, dem Präsidenten der

l‘ Association des Lorrains du Banat. Die Migrationsgeschichte der im 18.Jh. aus Lothringen, dem Elsaß und Luxemburg ins Banat ausgewanderten Siedler und ihrer Nachkommen war das Thema der mehrsprachigen Tagung von Spurensuchenden und Historikern, die in der imposanten Kapelle des Schlosses von Lunéville, bekannt auch als das „Lothringische Versailles“, stattfand.


Es war eine Premiere und bei dieser Gelegenheit wurde den Teilnehmern die Möglichkeit geboten durch die Präsentation von „kleinen Familiengeschichten", die zusammengenommen die große Geschichte des Banats zu erzählen, das Wiedersehen von Familien, die in Frankreich geblieben und jene, die ausgewandert sind, gebührend zu feiern.


Die größte Gruppe der Teilnehmer bildeten unsere Landsleute aus Triebswetter. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben war durch ihren Vorsitzenden Peter-Dietmar Leber und Gattin Hiltrud Leber vertreten.


Nach der Begrüßung der Gäste durch Daniel Hilaire, dem Präsidenten Vereinigung der Lothringer aus dem Banat und Catherine Paillard, der Bürgermeisterin von Lunéville, präsentierte Frau Hélène Say-Barbey, die Direktorin der Archive des Departements  Meurthe-et-Moselle, auf Schautafeln und in einem ausführlichen Referat auf Französisch die Auswanderung aus Lothringen im 18. Jahrhundert und die Rückwanderung der Lothringer Nachfahren unter dem Blumentaler Hans Lamesfeld im 20. Jahrhundert.


Diesem gelang es, von den nach 1945 in Österreich aus dem Banat stammenden staatenlosen Flüchtlingen ca. 10.000 die Einreise nach Frankreich zu ermöglichen. Dabei spielte eine Trachtenpuppe eine entscheidende Rolle: Hans Lamesfeld schickte dem damaligen französischen Ministerpräsidenten Robert Schumann zu Weihnachten 1947 eine Trachtenpuppe, in deren Kleid er einen Brief versteckt hatte. Darin bat er den gebürtigen Lothringer Schumann um Hilfe zur Rückführung von französischen Banater Flüchtlingen nach Frankreich. Mit dem Bildnis dieser Puppe wurde eine Briefmarke „la poupée du Banat“ gedruckt, die man erwerben konnte. Als Ehrengast war auch die Bewahrerin der Puppe, Frau Stella Giry aus Paris eingeladen. Sie ist die Enkelin von Hans Lamesfeld und dessen Frau, der Grabatzerin Elisabeth Sedlak. Dabei kam es zu einer nicht geplanten emotionalen Begegnung zwischen

Frau Giry mit Grabatzer Wurzeln und den anwesenden Grabatzern Monika und Walter Schneider.


Die Gründungsgeschichte unseres Heimatdorfes Triebswetter weist eine Besonderheit auf: die Herkunft der ersten Ansiedler hatte ein besonderes Merkmal, sie waren Franzosen. Nachdem lt. einer Studie von 1879 festgestellt wurde, dass 192 der 200 in Triebswetter angesiedelten Familien über 60 % aus Lothringen und dem Elsaß stammten, wird Triebswetter auch heute noch als eines der vier „Franzosendörfer“ bezeichnet. Als Nachfahren dieser Siedler haben Franz Balzer und Werner Wolf, Vorsitzender der HOG-Triebswetter eine Präsantation (Übersetzung in Französisch und Englisch von Karina Balzer): Triebswetter, Naghy Ösz, Tomnatic - Lorrains du Banat vorgeführt. In dieser Präsentation wurden die Besonderheiten (z. B. das Essen von Froschschenkeln) unseres Heimatdorfes Triebswetter festgehalten und die persönliche Ausreise- und Fluchtgeschichten der Präsentatoren geschildert.



In seinem Referat über die „Franzosendörfer im Banat“ am Beispiel des Franzosendorfes Triebswetter ging der nächste Redner, Dr. habil. Mathias Beer, vom Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen auf der bereits erwähnten Besonderheit bei der Ansiedlung ein, dass, von den 200 angesiedelten Familien 192 aus Lothringen und dem Elsaß, stammten. Sie waren Franzosen, keine Schwaben und pflegten noch viele Jahre ihre französische Sprache. Ausgehend von dem heutigen Wissensstand stellte Dr. Beer noch offenen Fragen in den Vordergrund, z.B. über den in Temeswar gegründeten Verein der Nachkommen französischer Kolonisten im Banat.


Ernst Meinhardt, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin-Brandenburg streifte in seinem Vortrag anhand seiner Familiengenealogie die Geschichte des Banats. Dabei tauchten viele uns auch heute noch bekannte Familiennamen auf.


Nach einer stärkenden Mittagspause ging es im zweiten Teil der Tagung weiter. Hierbei ging es um bedrückende Einzelschicksale, der aus den im ehemals serbischen Teil des Banats gelegenen Franzosendörfer Charleville, Seultour und Saint Hubert.


Anschließend berichtete Peter Mathieu aus den Vereinigten Staaten von Amerika sehr lebhaft und anschaulich in Englisch über die genealogische Abstammung und gemeinsame Wurzeln der Familie Mathieu aus den „ welschen“ Dörfern und der abenteuerlichen Überfahrt seiner Vorfahren nach Amerika. Ergänzend berichtete seine Verwandte Susanne Matje aus Linz über ihre Linie der Matjes aus Österreich.


Die Vorträge und Wortmeldungen im zweiten Teil der Veranstaltung erfolgten größtenteils in Französich und leider ohne Übersetzung, so dass man diesen nur schwer folgen konnte.


Der Archäologe, Historiker und Buchautor, Vincent Hadot behandelte in seinem Vortrag sehr ausführlich und unterhaltsam die Emigration im 17.und 18. Jahrhundert aus Lothringen. Die Familie Remillon brachte gleich vier Cousins ans Rednerpult um, ihre weitverzweigte Familiengeschichte darzulegen. Willi Wottreng, Züricher Schriftsteller und Journalist berichtete über seine Jahrzehnte dauernden Recherchen zu seiner Herkunft aus dem heute in Serbien liegenden Kikinda und die Entwicklung seines Familiennamens.


Zum Schluss der Veranstaltung nach 17.30 Uhr wurden alle Teilnehmern zu einem Gruppenfoto auf die Bühne gebeten. Diese Veranstaltung hatte was Besonderes: durch die Präsentationen und konstruktiver Gespräche wurden zahlreiche neue Bekanntschaften geknüpft und Kontakte ausgetauscht um auch in Zukunft weiterhin in Verbindung zu bleiben.


Der erste Tag wurde im Hotel Les Pages bei Speis und Trank in kleineren Gruppierungen in geselliger Runde im beendet.


Am zweiten Tag des Treffens, am 14. April 2023 ging es mit dem Bus auf eine familienbiographische Erkundungsreise durch die Gegend um Lunéville, durch Dörfer, aus denen die Emigranten kamen, weiter. Der Bus fuhr über Einville-au-Jard, Valhey, Bathelémont, Athienville, Bezange, Chambrey, Salonnes, Vic-sur-seille, Moyenvic, Marsal, Dieuze, Guébling, nach Arracourt um dort die jetzigen Bewohner, Nachfahren der dort Verbliebenen zu treffen.


Wir besuchten die Dörfer, aus denen die Emigranten kamen und wurden überall von amtierenden Bürgermeister herzlich empfangen und bewirtet. Es war sehr beindruckend wie gerührt die Nachfahren, die zum erstenmal die Orte ihrer Herkunft besuchten, waren.


In Arracourt angekommen wurden wir von Frau Michèle Kirsch, Bürgermeisterin der Gemeinde aus dem die meisten Familien ins Banat ausgewandert sind, empfangen. Im Festsaal des Rathauses von Arracourt fand das Treffen der „Cousins“ – Nachfahren der Lothringer Auswanderer, Rückkehrer und Verbliebenen, statt.


Nach der Begrüßungsansprache der Bürgermeisterin, die sich bei den Organisatoren/Sponsoren des Treffens Daniel Hilaire und Jacques Lavoil, Präsident der «Communauté de Communes du Sânon bedankt hat, folgte ein kurzer Sketch in Platt (Sprache der Auswanderer) danach in Französisch vorgetragen u. a. von Denis Pierson. Dieser war/ist auch unser deutschprechender Ansprechspartner in der lothringischen Angelegenheit weiterhin. Des Weiteren folgten Vorträge von Michel Remillon, Landwirt und Geschichtsliebhaber, Vincent Hadot und die Abschlussrede von Daniel Hilaire. Dabei überreichte dieser der Bürgermeisterin eine Liste, mit den Personen und Familien, die aus Arracourt ins Banat ausgewandert sind. Aus dieser Liste konnten wir Triebswettern zahlreiche Namen entnehmen, die die Triebswetterer hatten oder immer noch haben wie z. B.: Damas/Dama, Griffaton, Hamant/Haman, Lefort, Parisot/Parison, Renaud/Rennon.


In den beiden Tagen dieses geschichtsträchtigen Treffens wurde uns, die aus Triebswetter stammen, immer mehr klar, wie eng verbunden wir durch unsere gemeinsame Lothringische Abstammung mit den anderen „Cousins“ weltweit doch sind. Spontan entstand seitens der HOG-Triebswetter der Wunsch, eine Partnerschaft mittels der HOG-Triebswetter zwischen den Gemeinden Arracourt und Triebswetter/Tomnatic zu gründen. Zum Schluss der Veranstaltung wurde dieser Vorschlag der Bürgermeisterin von Arracourt unterbreitet. Sie hat begeistert zugestimmt und eine weitere Zusammenarbeit bezüglich dieses Vorhabens zugesagt. Die HOG-Triebswetter wird die Verwirklichung dieses Vorhabens künftig vorantreiben. Es bleibt abzuwarten, wann und wie dieses Vorhaben -  eine Partnerschaft zu gründen, verwirklicht wird.


Nach zwei sehr ereignisvollen Tagen kehrten wir wieder nach Deutschland zurück. Die Resonanz des Treffens in Lothringen war überwältigend, es gab nur positive Rückmeldungen.

                                                                                                     

                                                                                                                                                                                                                  Lia Wolf

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